Das Konzept Mit den Worten "Die Würde des Menschen ist unantastbar" beginnt der Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben diesen Satz sehr bewusst an die erste Stelle gestellt. Leider ist der damit verbundene Anspruch auch 65 Jahre später nicht immer und überall Wirklichkeit. Täglich sind Tausende von Menschen weltweit auf der Flucht. Krieg, Gewalt und Verfolgung rauben diesen Frauen, Männern und Kindern ihre Würde und zwingen sie ihre Heimat zu verlassen. Einige wenige davon erreichen auch Europa und Deutschland. Hier sind sie zwar in Sicherheit, die aktuellen Lebensumstände sind aber nicht geeignet, ihnen ihre Würde zurückzugeben. Wir sehen die unwürdigen Zustände, aber die einzelnen Menschen gehen in diesen Meldungen unter. Hier setzt das Konzept dieses Projektes an. Durch intensive Porträts sollen die Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, in ihrer Würde dargestellt werden. Die Porträtierten werden durch den neutralen Hintergrund der Bilder aus ihrer aktuellen Umgebung gelöst, die sie so nicht selbst gewählt haben und die sonst den Blick von den Menschen auf die Zustände in den Wohnheimen lenken würde. Ziel des Projektes ist den Flüchtlingen einen kleinen Teil ihrer Würde zurückzugeben. Bestenfalls sollen dadurch auch wir Einheimische uns unserer Menschlichkeit bewusst werden und uns die Frage stellen: Wie würden wir mit einem vergleichbaren Schicksal umgehen? Die Menschen sollen auf den Bildern als Individuum mit ihrem Stolz, ihren Träumen und Hoffnungen, aber auch mit ihren Verletzungen und Ängsten erscheinen. Daher wurde die Porträtierten nicht zu gestellten Posen angeleitet, sondern ihnen wurde nur die Frage gestellt: „Wer bin ich? - Wie fühle ich mich?“ Die Idee Die Idee zu diesem Projekt hatte Dr. Thomas Peschel-Findeisen im Frühjahr 2014. Als dann im Herbst die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland stark anstieg und auch die teils katastrophalen Zustände in den Lagern in Bayern und insbesondere in der Münchener Bayernkaserne publik wurden, nahm er gemeinsam mit Peter Schaller das Vorhaben in Angriff. Da die öffentliche Berichterstattung und Wahrnehmung zu diesem Zeitpunkt geprägt war von erstens der hohen Zahl der Flüchtlinge, die damit namens- und gesichtslos wurden, und andererseits eben von den Zuständen in den Heimen, sollte das Projekt genau da ansetzen - den Menschen ein Gesicht geben, weg von den Zuständen in den Unterkünften. Der Weg Doch der Weg zu den Flüchtlingen war nicht leicht. Durch persönliche Beziehungen gelang es den beiden, einen Kontakt zur Landesregierung in Tirol (Österreich) herstellen. Dort fanden sie für ihr Vorhaben offene Ohren. Die Tiroler Landesregierung und die Mitarbeiter im Bereich Asyl haben ihnen den Zugang zu verschiedenen Flüchtlingsheimen ermöglicht. Ein besonderes Glück war auch, dass sie im ersten Wohnheim den irakischen Amateurfotografen Altamimi Abdalhammed kennen lernten. Ohne seine Hilfe wäre weder die Sprachbarriere überwindbar gewesen, noch hätten die Fotografen das Vertrauen der Flüchtlinge in dem Maß gewonnen, wie es für diese Arbeit nötig war. Der Ablauf Vor dem Foto gab es immer ein kurzes Interview mit den porträtierten Menschen, um etwas über sie und ihre gegenwärtige Situation zu erfahren. Die Interviews wurden von Maria-Luise Berger geführt. Anschließend haben Dr. Thomas Peschel-Findeisen und Peter Schaller ohne weitere Regieanweisungen fotografiert — authentische Bilder ohne gestellte Posen. Die Wünsche Selbstverständlich sind viele Flüchtlinge glücklich in Sicherheit und am Leben zu sein, aber sie machen sich große Sorgen um ihre Zukunft und um ihre Familien, die sie zurück gelassen haben. Die Hoffnung, ihre Familie nach einer Anerkennung auch in Sicherheit bringen zu können, ist groß. Die Menschen belastet, dass sie keine sinnvolle Aufgabe oder Arbeit haben. Alle würden gerne eine Ausbildung machen oder einen Beruf ausüben. "Ich fühle mich in einem goldenen Käfig."* www.projekt-wuerde.de Mitwirkende Dr. Thomas Peschel-Findeisen - Die schwarze Serie Seit 25 Jahren ist er Anhänger der klassischen, analogen S/W-Photographie. Den Autodidakten fasziniert die intensive Auseinandersetzung mit den Motiven. Dabei gehört die Ausarbeitung der Unikate im eigenen Labor elementar zum Entstehungsprozess. Die entschleunigte Arbeitsweise macht für ihn den Reiz dieses Hobbys aus. Dr. Thomas Peschel-Findeisen ist 1. Vorsitzender des Blende 1 Fotoclubs e.V. München. Peter Schaller - Die weiße Serie Aufgrund seiner Tätigkeit als selbstständiger Zahntechniker und Referent betreibt er schon seit über 15 Jahren dentale Makrofotografie. Seit vier Jahren widmet er sich intensiv den Themen Porträt, Model und Fashion. Aber auch People, Street und Architektur sind inzwischen reizvolle Themen für ihn geworden. Peter Schaller gehört zur Vorstandschaft des Blende_1 Fotoclubs e.V. München. Maria-Luise Berger - Interviews Als Lebensgefährtin von Peter Schaller war die Tirolerin*Maria-Luise Berger von der Idee dieses Projektes sofort begeistert und unterstützte die beiden Fotografen bei der Organisation und ermöglichte durch zahlreiche Gespräche überhaupt den Zugang zu den Wohnheimen. Durch ihre offene und gleichzeitig vertrauensvolle Art ist es ihr gelungen in kurzer Zeit die Menschen für das Projekt zu begeistern und die Interviews mit den Portraitierten zu führen.